Die Aufregung um den Brief von Kardinälen an den Papst legt sich nur langsam in Rom. Aber angesichts der zurückhaltenden Informationspolitik des Vatikans über die Synode, nehmen die Spekulationen über Inhalt und Zahl der Unterzeichner in der Berichterstattung breiten Raum ein. Kurienkardinal Gerhard L. Müller sprach am Dienstag von einer neuen „Vatileaks-Affäre“. Ob er selbst einen Brief unterschrieben hat, ließ er offen. Abt Jeremias Schröder sorgte beim Briefing im Pressesaal mit der Bemerkung für Aufsehen, dass aus seiner Sicht die Frage des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen auf lokaler Ebene zu lösen sei und keine weltkirchlich einheitliche Antwort gegeben werden müsse. Unterdessen hat die polnische Bischofskonferenz eine kleine Informationskampagne gestartet, um eine Änderung beim Thema wiederverheiratete Geschiedene zu verhindern. Schließlich wurde heute auch das Statement von Kardinal Robert Sarah bekannt, der mit einem ungeheuerlichen Nazi-Vergleich in der Synodenaula aufwartete.
Kardinal Sarah sorgt für Aufsehen
Kardinal Robert Sarah, Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, würden einige konservative Kreise gerne als nächsten Papst auf dem Stuhl Petri sehen. Doch mit Auftritten wie bei der Familiensynode wird es der konservative Kirchenmann aus Afrika (hoffentlich) schwer haben. „Was der Nazi-Faschismus und der Kommunismus im 20. Jahrhundert waren, sind die westlichen Homosexuellen- und Abtreibungsideologien und der islamische Fanatismus heute.“ So steht es im Manuskript des Kardinals, das heute im Internet aufgetaucht ist. Schon vor Tagen war von den Worten Sarahs zu hören; doch der Text war nirgends zu finden. Heute gebe es zwei große Bedrohungen, gleichsam „zwei ‚apokalyptische Antichristen‘“: die Idolatrie der westlichen Freiheit und der islamische Fundamentalismus. Scheidung, Abtreibung, gleichgeschlechtliche Partnerschaft und Euthanasie nennt er in einem Atemzug als Beispiele für die „subjektivistische Zersetzung des säkularisierten Westens“. Auf der anderen Seite kritisiert er die „Pseudo-Familie des ideologisierten Islam, der Polygamie, die Unterdrückung der Frau, sexuelle Sklaverei und Kinderhochzeiten legitimiere.
In seinem Statement kritisierte Sarah, dass die Abschnitte der Relatio Synodi der letzten Synode im Oktober 2014, die nicht die zweidrittel Mehrheit erhalten hatten, dennoch veröffentlicht wurden und in das aktuelle Arbeitspapier Eingang gefunden haben. Er forderte eine Veröffentlichung der Einzelstatements während der Synode, was aber nicht passiert. Angesichts dieser Kritik ist verständlich, dass Sarah zu den Unterzeichnern des Briefes an den Papst gilt, in dem 13 Kardinäle die Methode der Synode kritisieren. Mittlerweile ist klar, dass es einen Brief gegeben hat. Es gibt auch wieder eine Liste von 13 Kardinälen, die diesen wohl unterzeichnet haben. Vatikansprecher Federico Lombardi kritisierte heute die Veröffentlichungen und Spekulationen über die Briefe als gezielte Versuche, die Synode zu stören.
Kardinal Müller und der Papst
Interessant ist ein Interview von Kardinal Müller in der italienischen Zeitung Corriere della Sera vom Dienstag. Darin betont Müller „Ich bin kein Wolf, der gegen den Papst ist.“ Er wisse, wer der Papst ist und was der Primat bedeute, „tausend Mal mehr als jene, die solche Sachen behaupten“. Er lasse es nicht zu, dass man seinen Gehorsam und seinen Dienst gegenüber dem Papst und der Kirche in Zweifel ziehe. Es habe eine Spannung zwischen Lehre und der Pastoral gegeben. Aufgabe der Synode sei es, beides zusammen zu sehen. „Jeder katholische Bischof ist in seiner Person Lehrer des Glaubens und auch Hirte der Herde.“ In Bezug auf wiederverheiratete Geschiedene stellte Müller fest, dass die Menschen nicht litten, weil sie keine Kommunion empfangen dürften, sondern wegen ihrer zerbrochenen Beziehungen. Sich nur auf einen Punkt zu konzentrieren, die Kommunion, löse nichts. Und dann stellte er auf Nachfrage, was das in der konkreten Situation bedeute, fest: „Man kann über Bedingungen für einzelne Fälle diskutieren, aber eine generelle Regelung ist nicht möglich. Die Ehe ist ein Sakrament und die Kirche hat keine Autorität über ein Sakrament.“ Kardinal Kasper würde dieser Antwort sicher nicht widersprechen.
Die Polnische Bischofskonferenz hat auf ihrer Internetseite das Statement ihres Vorsitzenden in mehren Sprachen publiziert – inklusive eines kurzen theologischen Kommentars. Damit möchte man möglichst viele weltweit von der eigenen Position überzeugen: keine Änderung bei der Lehre, was auch eine Änderung der traditionellen Haltung gegenüber den wiederverheirateten Geschiedenen betrifft.
P.S. Den Text des Statements von Kardinal Robert Sarah gibt es hier.