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Channel: Homosexualität – Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog
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Synode zu Ehe und Familie – Tag 8

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Am Ende der ersten Woche der 14. Ordentlichen Bischofssynode zu Ehe und Familie liegt eine angespannte Stimmung über Rom. Nach einem holprigen Start mit der Relatio von Kardinal Peter Erdö, die aus Sicht vieler Teilnehmer nicht den aktuellen Stand der Diskussion nach knapp zwei Jahre synodalen Wegs abbildete, wurde in den Sprachgruppen intensiv und sachlich gearbeitet. Dabei wurde deutlich, dass es sehr unterschiedliche Positionen, Erwartungen und Denkmuster gibt. Der große Eklat ist bisher ausgeblieben, sieht man von einzelnen teilweise mit großem Grummeln im Plenum zur Kenntnis genommenen Vorträgen in den Generalkongregationen ab. Dennoch vermag am Ende der ersten Woche niemand eindeutig zu sagen, wohin die Reise geht. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich eine große Zahl von Synodenteilnehmern die Position des Papstes zu Eigen machen und für die Kirche eine Haltung des Dialogs, der Wertschätzung und der Konzentration auf den konkreten einzelnen Menschen wünschen. Franziskus hat mit seiner unerwarteten Intervention am Dienstagmorgen gezeigt, dass er durchaus Willens ist, in den Verlauf der Synode einzugreifen, wenn aus seiner Sicht etwas schief läuft oder die Verwirrung, im konkreten Fall eher methodischer Art, zu groß wird.

Ein Drittel der Synode ist um. Jetzt geht es an die umstrittenen Themen. (Quelle: ap)

Ein Drittel der Synode ist um. Jetzt geht es an die umstrittenen Themen. (Quelle: ap)

Bilanz nach Woche 1

Ruhetag bei der Synode. Die einen nutzen den Sonntag, um etwas Abstand zu gewinnen. Viele Kardinäle besuchen ihre Titelkirchen. Die anderen diskutieren weiter, denn so langsam kommen die schwierigen Themen. Die erste Woche zum ersten Kapitel des Arbeitspapiers war eine Aufwärm- und Einarbeitungsphase. Bei der Analyse des Status-Quo von Ehe und Familie in der Welt von heute gab es keine großen Differenzen. Allerdings klangen bei der Analyse immer auch schon mögliche Lösungsansätze an, die durchaus die unterschiedlichen Vorstellungen und Denktraditionen der Synodalen erkennen ließen. Die Frage, ob das Arbeitspapier gerade in diesem Analyseteil des Ist-Zustands zu sehr westlich-europäisch geprägt ist, wurde immer wieder aufgeworfen. Wenn etwa die Rede davon ist, dass die Geburtenrate rückgängig sei (IL17) stellt sich in der Tat die Frage, aus welcher Perspektive diese Aussage getroffen wird. Hier herrschte übrigens im deutschen Sprachzirkel große Einigkeit, dass die kirchliche Position nicht die sein kann, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen. Kardinal Gerhard Müller unterstrich dem Vernehmen nach in der Diskussion die Bedeutung der „verantwortlichen Elternschaft“, über die ja auch Papst Franziskus bei seiner Philippinenreise im Januar 2015 gesprochen und mit seinem „Kaninchen-Vergleich“ für Aufsehen gesorgt hatte.

Welche Rolle spielen die afrikanischen Bischöfe bei dieser Synode? Da ergibt sich nach der ersten Woche ein sehr buntes Bild. Einerseits berichten Synodenteilnehmer, dass im Plenum sehr viele afrikanische Bischöfe das Wort ergriffen hätten, die sehr konservative am traditionellen Lehramt orientierte Positionen vertreten hätten. Hier habe mehr eine „Kirche des Nein“ herausgeklungen denn eine „Kirche des Ja“. Andererseits haben wir Journalisten beim Briefing einen Erzbischof von Accra erlebt, der kategorisch verneinte, dass Afrika „blockieren“ wolle, der betonte, dass sich die afrikanischen Bischöfe mehrfach gegen die Diskriminierung von Homosexuellen ausgesprochen hätten. „Wir tun, was wir können“, so Erzbischof Gabriel Charles Palmer-Buckle. Aber es sei nicht möglich, kulturelle Prägungen, die seit Jahrtausenden bestünden, „über Nacht“ zu ändern.

Thema Homosexualität

Das Thema Homosexualität spielt, zumindest soweit das für die Medienvertreter aufgrund der zurückhaltenden Informationspolitik erkennbar ist, eine untergeordnete Rolle. Das medial groß inszenierte Outing des Mitarbeiters der Glaubenskongregation am Tag vor Beginn der Synode hat die Beratungen offensichtlich nicht beeinflusst. Aber das Thema ist präsent. Das zeigt etwa ein Interview mit dem Berliner Erzbischof Heiner Koch bei Radio Vatikan. Er betont, dass es aus katholischer Sicht einen Unterschied zwischen der Ehe von Mann und Frau einerseits und einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft andererseits gebe. Dennoch hätten auch diese Beziehungen einen hohen Wert an Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. „Ich weiß, dass homosexuelle Menschen auf ein Wort warten, das für sie ein Stück Anerkennung und Achtung ist. Ich glaube nicht, dass sie von uns erwarten, dass wir das bejahen, was alle meinen, nämlich ein Bekenntnis zur Ehe für alle. Mir ist es ein besonderes Anliegen, weil wir auch in Berlin homosexuelle Menschen haben, die sehr stark zu ihrem christlichen Glauben stehen und dafür von ihren homosexuellen Gemeinschaften scharfe Kritik und Vorhaltungen bekommen, wie sie eigentlich als Homosexuelle noch mit dieser Kirche verbunden bleiben. Diese Menschen möchte ich stärken und nicht enttäuschen“, so der Familienbischof der Deutschen Bischofskonferenz. Wird sich die Deutsche Bischofskonferenz nach dem Thema „wiederverheiratete Geschiedene“ als nächstes mit dem Thema Homosexualität intensiver beschäftigen?

Die Betroffenen beider Gruppen, wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle, könnten von der neuen Haltung profitieren, die sich vielleicht langsam bei der Synode durchsetzt: die „Kirche des Ja!“ Diese Kirche ist weit weg von einer generellen Zulassung der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und der Bejahung der Homoehe. Das wäre der „Laxismus“, vor dem Franziskus immer wieder warnt. Diese Kirche ist aber auch weit weg von einem doktrinären und kirchenrechtlichen „Rigorismus“. Der österreichische Bischof Benno Elbs gebrauchte dafür in der vergangenen Woche das Bild einer Ellipse, deren beiden Brennpunkte zum einen die Barmherzigkeit, zum anderen Lehre und Wahrheit seien. „Und irgendwo ist da die konkrete Situation eines Menschen und die muss man dann aus meiner Sicht anschauen unter den beiden Perspektiven. Das ist für mich der Zugang, um für jede Situation des Lebens eine Antwort, einen Zugang, eine Unterstützung zu finden, die von der Bibel gestützt ist“, so Bischof Elbs gegenüber Radio Vatikan.

Kein französischer Botschafter?

Unterdessen gibt es Nachrichten aus Frankreich, die Regierung in Paris verzichte auf die Bestellung von Laurent Stefanini als Botschafter beim Heiligen Stuhl. Die Ernenung des Diplomaten war im Frühjahr zu einem Politikum geworden, nachdem interessierte Kreise dessen Homosexualität politisch instrumentalisiert hatten. Der Vatikan signalisierte daraufhin, dass er die Akkreditierung des 55-Jährigen nicht vornehmen werde. Papst Franziskus empfing Stefanini, der bereits 2001 bis 2005 an der französischen Botschaft beim Heiligen Stuhl arbeitete, Ende April persönlich. Er versicherte dem Diplomaten, dass die Ablehnung nichts mit seiner Homosexualität zu tun habe. Aus Vatikankreisen war damals zu hören, der Heilige Stuhl sei über die Verfahrensweise bei der Ernennung Stefaninis sowie die französische Familienpolitik verärgert.

Anfang Juni hatte Papst Franziskus auf die Frage einer Journalistin, ob es mit Frankreich nicht ein „kleines Problem“ gebe, erklärt, es gebe kein Problem. Der Vorgang verwundert umso mehr, als Stefanini sowohl vom Erzbischof von Paris, Kardinal André Vingt-Trois, als auch dem französischen Kurienkardinal und Papstvertrauten Jean Louis Tauran unterstützt wurde. Aus Paris gab es bisher keine offizielle Erklärung, ob die Regierung wirklich auf die Bestellung von Stefanini verzichtet und dafür, so die Medienberichte, die Stelle des Botschafters beim Heiligen Stuhl bis mindestens 2017 vakant lässt. Das Ränkespiel zwischen Vatikan und Frankreich fällt in eine Zeit, in der beide Länder eigentlich im Vorfeld der Weltklimakonferenz Anfang Dezember in Paris aufs engste Zusammenarbeiten müssten. Zudem ist immer noch ein Papstbesuch in Frankreich anhängig. Als Franziskus im November 2014 die europäischen Institutionen in Straßburg besuchte, kündigte der Vatikan an, dass ein Frankreichbesuch folgen werde. Doch bisher ist nichts geschehen. Den Papst zieht es nicht an die Seine. Das politische Signal mit der Ablehnung Stefaninis scheint ihm so wichtig, dass er dadurch auch seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt, was den toleranten Umgang mit Homosexuellen anbetrifft. Denn viele können nicht verstehen, wie diese Ablehnung damit in Einklang zu bringen ist, auch wenn Franziskus im persönlichen Gespräch im April erklärte, dass es bei der vatikanischen Entscheidung eben nicht um die sexuelle Neigung gehe. Vielleicht sind die Meldungen aus Frankreich ja auch verfrüht. Es wäre gut, wenn in die Causa Stefanini bald Klarheit käme.

Statistik

Zum Schluss noch ein wenig Statistik zur ersten Woche: Es gab bei den insgesamt sechs Generalkongregationen bis Samstagmorgen 161 Wortmeldungen. Das vatikanische Presseamt gibt keine Informationen darüber, wie viele davon in der freien Diskussionsstunde stattfanden. Insgesamt gab es in diesem Zeitraum zwei solcher freien Diskussionen. Dort dürfen die Wortbeiträge bis zu vier Minuten lang sein, d.h. Es kommen in dieser Zeit wohl jeweils ein Dutzend Synodenväter zu Wort.

Von den 161 Wortmeldungen kamen 22 (13,7%) aus Lateinamerika, 10 (6,2%) aus Nordamerika, 49 (30,4%) aus Europa, 26 (16,1%) aus Afrika, 13 (8,1%) aus Asien, 4 (2,5%) aus Ozeanien, 19 (11,8%) aus dem Vatikan sowie jeweils neun (5,6%) aus dem Nahen Osten und von Vertretern der internationalen Ordensoberenvereinigungen. Zum Vergleich dazu die Zahlen der (stimmberechtigten) Teilnehmer: 47 (17,4%) kommen aus Lateinamerika, 14 (5,2%) aus Nordamerika, 83 (30,7%) aus Europa, 52 (19,3%) aus Afrika, 27 (10%) aus Asien, acht aus Ozeanien (3%), 30 (11,1%) aus dem Vatikan und neun (3,3%) aus dem Nahen Osten. Interessant ist übrigens, dass 24 der 30 Kurienvertreter (inklusive der emeritierten Kurienkardinäle) aus Europa kommen, nur je zwei sind aus Afrika und Lateinamerika, einer aus Nordamerika sowie einer aus Ozeanien. Von den 24 europäischen Kurialen sind wiederum 16 Italiener – soviel zum Thema Internationalisierung an der Kurie.


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